22.04.2025 – Wissenschaft & Forschung

Ask the expert: Freunden über die MS Bescheid sagen?

Nach der Diagnose MS stellen sich viele Betroffene die Frage, wen aus dem Freundeskreis sie ins Vertrauen ziehen. Diplom-Psychologe Bernhard Adelberg antwortet aus seiner Praxiserfahrung.
Freunden über MS Bescheid sagen

„Wenn Menschen mit Multipler Sklerose mit diesem inneren Konflikt zu mir in die psychologische Praxis kommen, konzentrieren wir uns zunächst auf zwei zentrale Fragen:

1. Was ist die Wahrheit bzw. was ist jetzt für mich wahr?
2. Was ist der Nutzen bzw. was brauche ich jetzt?

Wenn die Diagnose Multiple Sklerose steht und bereits krankheitsbedingte Einschränkungen spürbar sind, ist die MS Teil meiner persönlichen Lebenswahrheit. Dann muss ich eine Entscheidung treffen und einschätzen, wie nützlich es für mich ist, offen mit einer bestimmten Person im Freundeskreis darüber zu sprechen. Eine generelle Empfehlung kann es hier nicht geben. Das ist immer eine individuelle Entscheidung, in die soziale Erfordernisse und persönliche Bedürfnisse einfließen.

Um hier Klarheit zu gewinnen, können Betroffene sich fragen, inwiefern ihnen das Offenbaren ihrer Wahrheit nutzt: wird es entlasten oder eher belasten? Dabei sollte der Fokus der Überlegungen immer auf dem Hier und Jetzt liegen: Es gibt nur die Gegenwart – was die Zukunft bringt, weiß niemand. Wenn ich mich dann einer bestimmten Freundin oder einem Freund anvertraue, sollte ich direkt ansprechen, was ich möchte und was auf keinen Fall, beispielsweise ungefragte Trostversuche oder Ratschläge. Eine solche Richtschnur hilft anderen, zu meinem Nutzen handeln zu können.

Sinnvoll im Sinne von positiver Psychologie und Zuversicht ist, durch gesunde Auswahl der Menschen, die von der Diagnose erfahren, ein heilsames Umfeld zu schaffen, in dem ich mich wohlfühlen kann.“

Bernhard Adelberg, Diplom-Psychologe, Heusenstamm, Februar 2025.